Ja, es stimmt!
Werden wir unglaubwürdig, wenn wir immer nur von tollen Erlebnissen und Traumländern zu berichten?
Woran mag das wohl liegen?
Wir sind ohne Sorgen unterwegs. Sind an keinen Zeitplan gebunden. Lesen einen Reiseführer, oder auch zwei.
Fragen andere Reisende und erst recht die Bewohner der besuchten Länder und werden zu den schönsten Stellen der jeweiligen Länder geführt.
Wir sind frei im Kopf und können auf die Menschen zugehen, ihnen zuhören und freuen uns, wenn unsere Fortschritte im Spanischen dazu führen, dass wir uns einigermaßen gut unterhalten können. Unser Spanisch ist noch weit vom seit Jahren erprobten Englisch entfernt. Aber die allermeisten Südamerikaner freuen sich mit Ausländern zu kommunizieren und sind auch beim fünften Versuch noch geduldig.
Ganz einfach war auch in diesem Land der Start nicht.
Wir lieben Kolumbien und die Kolumbianer.
Da kommt schon Wehmut auf, dieses Land zu verlassen.
Die kolumbianischen Beamten bei der Ausreise wollten uns den Abschied erschweren, normalerweise ist man nach zwei Minuten ausgestempelt, wir brauchten 90 Minuten.
Um so leichterlwar dei Einreise nach Ecuador - zwei Minuten.
Und eine gute bis sehr gute Straße mit wenig Verkehr.
Fängt ja gar nicht schlecht an.
Ecuador ist ein bei uns daheim nicht sonderlich bekanntes Reiseziel. Das Land ist ein wenig kleiner als Deutschland und besitzt mehr als 200 aktive Vulkane und noch viel mehr schlafende.
Der höchste ist mit 6310m der Chimborazo. Daneben gibt es etliche 5.000er und kaum zählbare 4.000er.
Dabei ist die Andenkette in Ecuador schmal. Vielleicht 150km breit. Östlich davon das schwül- heiße Amazonien, westlich die dampfend heiße Pazifikküste.
Die erste Stadt hinter der Grenze ist Tulcan.
Kein Mensch lächelt.
Kein Cafe, schreckliches Restaurant.
Agressive Autofahrer.
Was machen wir hier?
Können wir wieder zurück in unser geliebtes Kolumbien????
Hinter dem Ort versuchen wir, eine kleine Straße zu fahren. 3. Ordnung. Jeden Tag sollen hier zwei Busse fahren. Sagt der Reiseführer.Er ist von 2016.
Wunderschöne Landschaft. Kein Verkehr. Geht doch.
An unserem Salewa Zelt sind zwei Stangen gebrochen.
Es sieht traurig aus. Wir sind es auch.
Der Kontakt mit Salewa läuft schleppend, sehr schleppend.
So reisen wir gerne, wir müssen oft schieben, aber wir sind allein in atemberaubenden Landschaften.
Den ganzen Tag sehen wir nur ein Fahrzeug.
Der Truckdriver steigt aus und grüßt uns per Handschlag.
Er fährt die Strecke regelmäßig. Wir sind die ersten Radfahrer, die er sieht.
Busse fahren schon seit Jahren keine mehr.
Wir sind begeistert von der Landschaft, den eigenartigen Pflanzen, die wir nicht kennen.
Man klärt uns auf.
Dies sind Frailejones, sogenannte Mönchsgewächse, die es auf der gesamten Welt nur noch hier gibt. Dafür hier zum Glück auf unübersehbaren Flächen. Wir sind überwältigt. Es sind die größ ten dieser Mönchsgewächse, sie werden mehr als 4m hoch. Ganz wichtige Wasserspeicher.
Irgendwann fängt es an zu regnen. Auf 3.500 Meter Höhe kann das kalt werden.
Es wird sehr kalt!
Und dazu noch heftiger Wind.
Wir retten uns- halb erfroren am Äquator- in eine Nationalpark-Hütte.
Hier soll es alles geben.
Speis, Trank, Unterkunft.
Es wird aber leider gerade renoviert.
Freudig erzählt man uns, dass die Anlage in einer Woche eröffnet wird.
Heute gibt's nix!
Unsere enttäuschten Gesichter kann man sich vorstellen.
Also rollen wir noch 1.000m runter.
Es hört auf zu regnen. Es wird warm.
Es gibt Unterkünfte, Restaurants und Geschäfte.
Alles wieder gut!
Wir bewegen uns meist in Höhen zwischen 1.500 und 3.800 Metern. Das bedeutet viele Steigungen, aber auch ewig lange Abfahrten.
In den niedrigen Lagen schwitzen wir tagsüber sehr an den Steigungen. In den hohen Lagen frieren wir abends und holen die Daunenjacken aus dem Gepäck.
Ecuador macht es den Radlern leicht. Es gibt viele kleine Straßen mit wenig Verkehr und trotzdem Teerdecke.
Und man hat praktisch immer die Möglichkeit, die Räder im Bus zu transportieren, oder sich ein Camioneta zu nehmen. Das sind Pickups oder Kleinlaster, die als Taxis für Passagiere mit Gepäck fungieren.
Die Hotels sind nicht mehr ganz so günstig wie in Kolumbien, aber trotzdem noch erschwinglich, bei oft hohem Standard.
Ein besonders schönes ist einem Thermalbad in den Bergen angeschlossen.
In der Nähe - nur15km und 650 Höhenmeter entfernt - gibt es einmal im Jahr ein großes Fest.
Mit hunderten von Pferden, Musik, Speis und Trank.
Da radeln wir natürlich hin. Und sind die einzigen ausländischen Gäste.
Am fast 5.000m hohen Vulkan Cotacachi liegt auf einer Höhe von 3.100 m die Laguna Cuicocha mit ihren zwei Inseln. Ein heiliger Ort für die indigenen Ureinwohner. Eine relativ anspruchsvolle Wanderung führt auf gut ausgebautem Weg um sie herum.
Ein nettes an ein Alpenvereinshaus erinnerndes Hostal liegt am Kraterrand mit phantastischem Blick über den See.
Am nächsten Tag dann ein besonderes Highlight.
Die Fahrt von der Lagune erst einmal bis auf eine Höhe von 3.500 Meter und dann eine Abfahrt von 2.000 Höhenmetern runter in das Valle de Intag. Durch die verschiedenen Klimazonen und Landschaften. Hochgebirge, Nebelwald, gemäßigte Zone bis in tropische Gefilde. So dermaßen überfüttert von Eindrücken wollten wir fast schon 10 km vor dem Hauptort des Tales, Apuela, die Fahrt beenden. Fuhren dann aber zum Glück doch weiter. Dafür dann aber die 2.000 Höhenmeter retour mit dem Bus.
Die Bevölkerung dieses Tales hat sich gemeinsam gegen große Bergewerksgesellschaften durchgesetzt und die Ökologie über die ökonomischen Versprechungen gesetzt. Man hofft, dass es sich mit ökologischer Landwirtschaft und Tourismus leben lässt.
An dem Tag sind wir allerdings die einzigen...
Wir freuen uns auf weitere Eindrücke und Erlebnisse in diesem schönen Land.
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